Lol-a-(lrun) rennt …

Lol-a-(lrun) rennt …

Weihnachten steht vor der Tür. In Ghana bei 30 Grad und strahlender Sonne mit Fufu und Tuwa (auf Anfrage erkläre ich gerne genauer was das ist J), in Deutschland mit Minusgraden bei denen man lieber im Haus bleibt, Plätzchen bäckt und den Weihnachtsbaum schmückt. Und doch feiern wir das gleiche Ereignis: Christus Geburt auf Erden (das vergisst man manchmal gerne, in Deutschland vor lauter Vorbereiten, Schenken und Geschenken, in Ghana vor zu viel Essen oder grosser Geldnot – oder?).

Doch nun die Frage, was ist die letzten Wochen in Komenda passiert? Wie geht es unserem AIM. Youth Club? Was steht als nächstes an? Wie weit sind die Planungen fuer unsere Einweihungsfeier?

Die Workshops laufen mal besser mal schlechter, Donation Lists oder Gelder ohne Listen kommen schleppend und noch lange nicht vollzählig, die Jugendlichen wollen viel, doch wissen es nicht umzusetzen und ich renn täglich von einem zum anderen und versuche die Organisation und Gelderbeschaffung fuer die Veranstaltungswoche weiterzubringen. Dies bedeutet tägliche Laufarbeit von ein bis zwei Stunden durch Komenda, wobei ich entweder die betreffenden nicht antreffe oder diese mir sagen, sie konnten unsere Anfrage noch nicht bearbeiten, ich solle morgen nochmal kommen… Als ich im Sommer 5 Tage im Schwarzwald wandern war, dachte ich, meinen Laufrekord aufgestellt zu haben. Hier hab ich ihn jedoch bestimmt schon gebrochen. Es ist zäh, aber wenn wir uns nicht dahinter klemmen, wird es nichts.

Als kleine Erfolge kann man 5 Cedis (knapp 4 Euro – was hier schon einiges an Geld ist) vom Grace Hotel abzeichnen und die Möglichkeit vor zwei Wochen, vor gesammelter Kirchengemeinschaft AIM. vorzustellen. Die Kirche spielte mit dem Gedanken, einen Sonntag das Opfer fuer AIM. einzusammeln. Dies waere grossartig, nur leider konnten wir den Pastor die 7 mal, wo wir an seiner Tuer standen, nicht antreffen…

Ghanas Lifestile ist ein anderer. Lasst mich ein Ereignis genauer beschreiben: den Informationsnachmittag mit Vorführungen aus den Workshops für die Eltern unserer Jugendlichen. Am Vortag waren Proben angesetzt, bei denen schnell zu sehen war, das Programm ist noch nicht aufführungsreif. Was tun? Die Zeit eilt!

Am naechsten morgen lief ich mit meinem Youth Club Praesident Theohilus durch ganz Komenda (schon wieder so viel laufen!), klapperte jede Schule ab und bat bei den Direktoren um Schulbefreiung unserer Mitglieder ab elf Uhr. Da es der letzte Schultag vor den Ferien war, gaben alle Rektoren ihre Einstimmung. Zwoelf Uhr sollten die Jugendlichen vor Ort, der Town Hall im Zentrum Komendas, sein. Zwoelf Uhr war ich die Erste. Ein Uhr waren wir zu Fünft. Zwei Uhr zu Zwoelft. Drei Uhr wollten wir starten und es war noch nichts geprobt. Baafi, unser Youths Leader, war plötzlich wieder verschwunden. Das selbe mit unserem Culture Workshop verantwortlichen. Zu allem Übel rief mich noch Solomon, unser Projektmanager, an. Er wäre gestürzt, hätte sich das Handgelenk verstaucht, und ist nun im Krankenhaus. Er will versuchen noch zu kommen.

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Die Town Hall fühlte sich mittlerweile – nur leider nicht mit Eltern der Jugendlichen, sondern mit Hunderten von Kids, die mitbekamen, dass es hier etwas „umsonst zu schauen“ gab. Was sollte ich machen? Allein mit gerademal der Hälfte unserer Youth Club Member und umringt von unendlich vielen Kids, die sich wie ein Schwarm von Insekten überall hinsetzten und durcheinander summten. Dazu war die Hiplife Musik zur Unterhaltung so laut, dass man sein eigenes Wort nicht verstehen konnte, und um dies noch zu bestätigen, trommelten die wartenden, gelangweilten Jugendlichen noch eifrig auf die Trommeln. Was lief schief? Wo sind die Jugendlichen? Einer unseren Jüngsten kam auf einmal zu mir, sagte mir, unser jüngerer Youth Club Präsident Francis (wir haben einen jüngeren und einen älteren Präsident zur Aufgabenteilung und Anleitung des Jüngeren..) wäre bei seiner Schule und spiele Fussball…?!

Das war die Höhe, ich konnte es nicht glauben. Zweieinhalb Stunden nach verabredetem Zeitpunkt vergnügt sich unser Präsident beim Fussballspielen? Hat er denn gar kein Verantwortungsgefühl?? Was geht in diesem Kopf vor??? Ich schnappte mir ein Fahrrad, trat in die Pedale, sauste zum Fussballfeld, schnappte mir Francis, hielt ihm eine Predigt ohne Punkt und Komma bis er ganz klein war und nur noch meinte: „Du musst mich bestrafen!“ Anschliessend fuhr ich zur nächsten Schule, schauen, wo die anderen sind. So zog ich aus jeder Schule, die ich am morgen noch besucht hatte, Jugendliche aus ihren Klassenzimmern. Die Erlaubniss der Rektoren war nicht zu den Lehrern weitergegeben worden und Jugendliche haben in Ghana meist nicht den Mut eigenständig nachzufragen. Sie warten bis sie durch einen Erwachsenen zum Gehen aufgefordert werden, ansonsten bleiben sie, wo sie sind.

Als ich nun völlig verschwitzt und fertig zurück bei der Townhall ankam, war es bereits nach drei Uhr. Trotz, dass wir die vorherigen Tage persönliche Besuche bei den Eltern gestartet hatten, um sie neben einem schriftlichen Brief auch noch persönlich einzuladen, waren nur drei Eltern sichtbar, die umständlich zwischen den ganzen Kids zu einem Stuhl gebracht wurden. Ich wollte auf Solomon warten, doch die Zeit lief. Auch war sein Telefon inzwischen ausgeschaltet, so dass ich gar nicht mehr wusste, wo er ist und ob er kommt.

Chaos; pures, blankes Chaos. Ich wollte einfach nur noch nach Hause gehen und schlafen! Was habe ich mir da nur überlegt, eine Aufführung für die Eltern? Wir sind nicht in Deutschland, hier laufen Dinge anders! Alrun, du musst auch immer meinen du könntest du Welt verändern, da hast du’s!

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Einer nach dem anderen kam zu mir, fragte, was wir nun machen sollen? Ich beauftragte Theophilus, die Leute mit einem Spiel zu unterhalten, was er auch tat. Dann fingen die inzwischen vollzähligen Youth Club Member als Lückenfüller an zu tanzen. Dank Solomons Organisation hatten wir sogar Kostüme. Nach und nach trudelten noch ein paar Eltern ein. Wir konnten nicht mehr länger auf Solomon warten. Kurz nach halb vier begrüßte unser wieder aufgetauchter Cultur Workshopleiter Isaac die Anwesenden. Während dem ersten Programmpunkt tauchte nun auch Solomon auf. Seine Hand war verbunden aber ansonsten war ihm nichts schlimmes passiert. So konnten wir unser Programm doch noch nach Plan durchführen. Knappe 10 von 35 Eltern waren letztendlich da, immerhin! Auch wenn ich zu fertig war, um die Aufführung zu geniessen, wurde doch viel gelacht. Solomon und ich berichteten ueber AIM., über den Youth Club, unsere Aktivitäten und die bevorstehende Einweihungsfeier. Die Anwesenden hörten interessiert zu. Wäre ich selber erst um halb vier aufgetaucht und hätte den ganzen vorherigen Stress nicht gehabt, wäre ich sicher zufrieden gewesen! In Ghana bedarf es an unendlichem Durchhaltevermögen, gewaltigem Einsatz und grosser Geduld um ein einfaches Ereignis auch umsetzen zu koennen. Und doch würde ich unsere Bemühungen nicht als verschenkte Zeit bezeichnen. Jegliche Aufführung bringt Bewegung in unsere Jugendlichen, schweisst die AIM. Mitglieder zusammen und gerade diese Aufführung in der Town Hall mit all ihren Schwierigkeiten hat uns gezeigt, wie viel noch zu tun ist, bis unsere Einweihung ein gelingendes Ereignis werden kann.

Was bleibt mir noch hinzuzufuegen? Alrun rennt weiter und freut sich darauf, bald mit Jörn Preuß, unserem Project Director, der am 29. Dezember in Ghana eintreffen wird, zusammen zu rennen…

Ein schönes Fest mit viel Wärme wünscht euch,

Eure Alrun